Bericht aus Nepal von Ruth Gonseth – 18.10.2009
Gestern hat das dreitägige Tihar-Fest, das Lichterfest, begonnen. Die Kinder werden am Fluss kräftig eingeseift und dann für Tihar herausgeputzt. Singend ziehen sie von Haus zu Haus und erhalten Süssigkeiten und einige Rupien. Auch aus der Shanti-Klinik hat sich eine Gruppe auf den Weg gemacht, um am nahen Pashupati-Tempel zu singen. Alle Häuser sind mit Blumengirlanden und einem Blumenteppich am Eingang geschmückt. Ein aufgemalter Lichtpfad soll das Licht ins Innere der Häuser bringen. Nach Nachteinbruch leuchten auf den Fensterbänken der Häuser tausende von kleinen Butterlampen. Die Haustempel, die sich allerdings nur die reichen Leute leisten können, sind besonders schön geschmückt und der Glücksgöttin Lakshmi werden erlesene Speisen dargebracht. Gestern Abend war ich von der Hotelfamilie zu einem spicy Tihar-Festmahl eingeladen.
Seit meinem letzten Aufenthalt hat sich bei Shanti viel verändert. Ende September war der grosse Umzug in die neuen Shanti-Gebäude. Nach drei Jahren Bauzeit ist immer noch nicht alles ganz fertig gestellt. All die vielen Werkstätten für die Behinderten brauchen noch einige Zeit bis sie richtig eingerichtet sind und auch in der Klinik gibt es noch einiges zu tun. Ach, die Arbeit der nepalischen Handwerker, vor allem der Sanitär- und Elektroinstallateure lässt so viel zu wünschen übrig!
Die Klinik ist ein Rundbau und hat einen hellen Innenhof. Vor einer Woche war ein belgischer Clown hier zu Gast. Auf Kosten des Innenhofes sind leider die Zimmer zu klein geraten und jetzt heillos überfüllt; einige Behinderte schlafen zu zweit in einem Bett und mehrere liegen auf nur einer Matratze im Gang zum nicht überdachten Innenhof. Aber sie nehmen es gelassen und sind glücklich wenigsten ein Dach über dem Kopf zu haben. So lange die Nächte noch nicht allzu kühl sind, mag das ja gehen. Im Dezember sinkt die Temperatur dann bis zu null Grad und das Spital hat keine Heizung und kein warmes Wasser.
Der meiste alte Gerümpel ist mitgezügelt worden und verstopft zusätzlich jede freie Ecke. Wir versuchen nun langsam auszumisten, unter anderem alte medizinische Apparate, die schon längst nicht mehr funktionieren; doch den Nepali fällt es sehr schwer, etwas wegzuwerfen, auch wenn es überhaupt nicht mehr brauchbar ist. Es ist wahrscheinlich die grosse Armut, welche sie an allem festhalten lässt.
Viele alte Betten sollten ersetzt werden, vor allem auch die durchgelegenen Matratzen, welche den Leuten Rückenschmerzen verursachen. Fünf Matratzen habe ich schon eiligst aus unseren Spendengeldern gekauft, weil bei einigen Paraplegikern die Gefahr von neuen Druckgeschwüren zu gross war.
Ich bin sehr glücklich, dass es nun einen zweiten nepalischen Arzt und endlich auch einen richtig ausgebildeten Physiotherapeuten gibt. Unser Schweizer Unterstützungsverein wird ihre Löhne bezahlen. Manish, der Physiotherapeut ist sehr motiviert, doch müssen wir ihm nun zuerst seinen Arbeitsraum putzen und einrichten, den er sich allerdings mit der Notfallecke teilen muss. Für ihn müssen wir bald einige der notwendigsten Arbeitsgeräte beschaffen, z.B. ein Ultraschallgerät und einen Elektrostimulator, er braucht auch für viele Patienten Gelenk- und Rückenstützen.
Mit diesen beiden neuen Arbeitskräften werden wir nun ein schon recht gutes Team bilden können. In langen Diskussionen versuchen wir nun ein Organigramm für die Klinik zu erstellen und für alle Mitarbeitenden genaue Arbeitsbereiche und Pflichtenhefte zu erstellen. Davon aber in meinem nächsten Bericht. Die vielen Behinderten unserer Klinik, zurzeit sind es 80 Leute, können hoffentlich bald davon profitieren und besser betreut und rehabilitiert werden.
Zu guter letzt: Alle Klinikwäsche und die Kleider werden auf dem Dach von unseren acht Waschfrauen (noch) von Hand gewaschen. Wenn irgendwann Geld vorhanden ist, werden wir eine Waschmaschine anschaffen können.