Bericht vom 28.2.2013
Zehn Minuten vor der Landung in Kathmandu hat der Pilot gemeldet, dass wir wegen Nebel nicht landen könnten und nun nach Kalkutta weiterfliegen müssten. Nach über einer Stunde sind wir dort angekommen, mussten gut zwei Stunden warten und konnten dann gottlob wieder zurückfliegen und endlich in Nepal landen.
Schon zu Hause hatte ich beunruhigende Nachrichten erhalten und war gespannt, was mich erwarten würde. Anfangs Januar hatte unser Team einen Tag gestreikt – Notfälle wurden allerdings behandelt. Das Team war mit der letzten Lohnerhöhung nicht zufrieden. Streiks, auch in vielen Spitälern, sind hier das praktisch einzige Mittel, um Forderungen Nachdruck zu verleihen. "Shanti Med" hätte auch etwas mehr für die Lohnkosten bezahlen können, aber damit war die Stiftungsleitung nicht einverstanden. Die Mitarbeitenden dürften nicht verwöhnt werden, war ihr einziges Argument. Dann hat die Leitung der GMSMT (Gunjaman Singh Stiftung) in Einzelgesprächen den Namen des Anführers heraus gequetscht und diesen fristlos entlassen. Es war der etwas aufmüpfige Apotheker JB. Auch unsere gute Sekretärin und die Putzfrau wurden auf Ende Januar entlassen, weil sie es gewagt hatten, sich für JB einzusetzen, da der Streik ja gemeinsam im Team beschlossen worden war.
Sehr erbost über die Respektlosigkeit mit welcher hier "Untergebene" behandelt werden, aber auch über die Nacht- und Nebelaktion vor meiner Ankunft, war ich fest entschlossen dies nicht zu akzeptieren. Gottlob konnte ich wenigstens die beiden Frauen jetzt wieder einstellen. Ein neuer Apotheker war bereits da, er hat vorerst einen Arbeitsvertrag für drei Monate und arbeitet sehr gut. Immerhin läuft unsere Arbeit jetzt wieder in ruhigen Bahnen.
Dieser Vorfall hat bei mir jedoch das Fass zum Überlaufen gebracht. Da die GMSMT völlig vom Geld unseres Vereins und auch der Mitarbeit unserer VolontärInnen abhängig ist, habe ich nun ultimativ konkrete Verbesserungen bei den Mitarbeiterverträgen und Mitspracherecht beim Management gefordert. Längst bin ich nämlMusliich von mehreren kleinen Gemeindespitälern hier in Chitwan ebenfalls um Unterstützung angefragt worden. Sie alle haben mit Spenden aus der Bevölkerung zwar ein kleines Spital bauen können, doch das Wissen für ein gutes Funktionieren und das Geld für gut ausgebildete Angestellte fehlt. Dies ist leider eine weitverbreitete Tatsache und ein Grund für die schlechte Gesundheitsversorgung der Menschen in abgelegenen Regionen. Das Gemeindespital in Gaidakot zum Beispiel ist ganz neu, dank Hilfe einer Volontär-Gynäkologin aus Deutschland schon gut ausgerüstet mit "ausgemustertem" Spitalmaterial der deutschen Armee, doch fehlen auch hier gut ausgebildete Ärzte. Ich lasse mir nun Zeit zum genaueren Abklären verschiedener Möglichkeiten der Zusammenarbeit und schaue inzwischen, wie ich mit meinen Forderungen bei der GMSMT weiterkomme. Die ersten Diskussionen sind gut verlaufen, die Stiftungsleitung zeigt sich sehr kompromissbereit.
Das Geld für den Innenausbau des neuen Spitals ist zwar in Nepal angekommen, aber die Arbeit wurde noch nicht wieder aufgenommen. Da müssen offenbar noch verschiedene Behörden eine Unterschrift geben. Auch dies eine Geduldprobe.
Doch sonst geht es mir sehr gut, ich geniesse den warmen sonnigen Frühling hier, das frische lokale Gemüse und die guten Früchte. Und ich freue mich über die vielen zufriedenen PatientInnen und freundlichen Menschen. Besonders die grosse Muslim Gemeinde hier ist froh, hier eine Ärztin für ihre verschleierten Frauen zu haben.